Der Kokon einer Vogelspinne

Ist die Verpaarung geglückt und sind die notwendigen klimatischen Bedingungen zum richtigen Zeitpunkt eingeleitet worden, hat die Vogelspinne mit ein wenig Glück einen Kokon gebaut.

In diesem Stadium ist es besonders wichtig, dass die Vogelspinne so wenig wie möglich gestört wird. Alle Arbeiten am Terrarium sollten auf das absolute Minimum beschränkt werden. Die Tiere brauchen in diesem Stadium besonders viel Ruhe. Jeder hat schon einmal davon gehört, dass Vogelspinnen aus unerklärlichen Gründen ihren Kokon verspeisen. Die Gründe dafür sind unbekannt. Jeder ambitionierte Züchter von Vogelspinnen versucht diese Situation zu verhindern. Deshalb sollte man jetzt besonders vorsichtig mit seinen Tieren umgehen. Ist das Terrarium in einer Regelanlage mit weiteren Terrarien, ist es sinnvoll das Terrarium des Weibchens an einen ruhigen Ort zu stellen. Das Hantieren an den anderen Terrarien verursacht Erschütterungen, die das Weibchen eventuell stören könnte. Ein weiches Handtuch oder Antirutschmatten unter dem Terrarium leiten weniger Umgebungsvibrationen an das Terrarium weiter. Durch den Ortswechsel dürfen sich aber nicht die Parameter wie Temperatur oder Luftfeuchtigkeit verändern. Auch zu grelles Licht kann eventuell als störend von der Vogelspinne empfunden werden, deshalb kann das Terrarium mit einen Handtuch abgedeckt werden. Futter muss in dieser Phase nicht gereicht werden.

Man hat nun die Möglichkeit den Kokon beim Weibchen zu belassen und einfach abzuwarten, bis die ersten kleinen Vogelspinnen im ersten Nymphenstadium sich im Terrarium zeigen. Die Vogelspinne übernimmt die ganze Arbeit und kümmert sich um den Kokon. Es gibt einige Züchter, die genau so verfahren und damit erfolgreich sind.

Künstliche Zeitigung eines Kokons

Eier einer Vogelspinne
Eier einer Vogelspinne

Eine andere Möglichkeit, die ich persönlich favorisiere, ist den Kokon frühzeitig dem Weibchen zu entnehmen und dann künstlich zu zeitigen. Dieser Weg ist für den Halter etwas arbeitsintensiver, allerdings wird man durch den äußerst interessanten Einblick in die einzelnen Entwicklungsstufen bis zur fertigen Vogelspinne entlohnt. Mindestens 5 Wochen nachdem der Kokon entdeckt wurde, wird er dem Weibchen entnommen. In der Regel häuten sich die Eier spätestens in der 6. Woche in das Stadium der Prälarve. Ab diesem Stadium stellt die künstliche Zeitigung kein Problem dar. Falls sich doch noch Eier im Kokon befinden, sollte man sich keine Sorgen machen. Die Häutung ins Prälarvenstadium wird vermutlich in den nächsten Tagen folgen.

Bei der Entnahme des Kokons vom Weibchen ist Vorsicht geboten. Die Vogelspinne reagiert verständlicherweise nicht erfreut auf diesen Eingriff. Oft halten sie den Kokon mit ihren Chelizeren fest, sodass man die Spinne erst mit einer Pinzette oder sonstigem ablenken muss und dann im richtigen Zeitpunkt sich schnell den Kokon schnappt. Hat man den Kokon, dann kann man ihn für ein kleinen Augenblick zur Seite legen und das Terrarium der Mutter wieder in seinen Ursprungszustand bringen. Dies ist für die Vogelspinne eine sehr stressige Situation und sie wird nach der Entnahme den Kokon suchen. Einige Stunden später hat sich das Tier beruhigt und hört mit der Suche auf. Am zweiten Tag nach der Kokonentnahme werden die Weibchen wieder gefüttert. Die Vogelspinne ist sehr dünn, da die Entwicklung der Eier und die Pflege des Kokons viel Substanz gekostet hat. Dies kann einige Tage später nochmal wiederholt werden bis der Abdomen eine angemessene Größe erreicht hat.

Als Inkubator eignet sich eine handelsübliche BraPlast Dose 5,8 Liter. Als Bodensubstrat wird feines Vermiculite verwendet. Es speichert hervorragend Feuchtigkeit und trotz hoher Luftfeuchtigkeit entwickeln sich keine Pilze jeglicher Art. Das Vermiculite wird mit ca. 100 ml Wasser gleichmäßig begossen. Als Ablage für die Eier oder Prälarven dient ein zweiter kleiner Behälter. Beispielsweise eine gut ausgespülte Dose vom Krautsalat. Über diese Dose, ohne dem Deckel, wird eine ganz gewöhnliche Nylonstrumpfhose gespannt und so befestigt, dass die Spannung erhalten bleibt. Die überschüssige Nylonstrumpfhose wird einfach abgeschnitten. Der Deckel der Dose wird in der Mitte aufgeschnitten oder mit einen Lötkolben bearbeitet, so das hauptsächlich nur der Rand des Deckels übrig bleibt. Der Deckel kommt wieder auf die Dose nachdem der Nylonstrumpf fixiert wurde. Dieser Behälter wird zu einen Drittel mit Wasser befüllt und kommt in die BraPlast Dose mit dem feuchten Vermiculite. Das Nylon wird vorher mit einem Küchentuch abgetrocknet. Der kleinere Behälter dient als Ablagefläche für die Prälarven. Durch das Wasser im Behälter kann die Luftfeuchtigkeit problemlos über den Nylonstrumpf die Prälarven erreichen ohne das sie dabei nass werden. Außerdem hat Nylon genau wie Vermiculite die Eigenschaft das sich trotz hoher Luftfeuchtigkeit kein Schimmel daran entwickeln kann. Nun ist der Inkubator quasi fertiggestellt.

Der Kokon kann vorsichtig mit einer kleinen Schere aufgeschnitten werden. Die Prälarven werden vorsichtig auf der Ablagefläche verteilt. Schwarze Eier und Häutungsreste werden vorsichtig mit der Pinzette entfernt. Jetzt wird der Deckel der BraPlast Dose aufgesetzt und mit Abklebeband luftdicht verschlossen. Durch das Abkleben wird verhindert, dass jegliche Insekten wie Buckel- und Obstfliegen in den Behälter gelangen können. Jetzt kann der Behälter an einen warmen Ort wo ca. 25 Grad herrscht abgestellt werden. In der Nähe eines Heizkörpers ist ein idealer Standort. Ca. 40 cm Abstand reichen aus. Der Inkubator darf sich von einer Seite nur ganz leicht warm anfühlen. Falls dies nicht vorhanden ist, weil die Heizkörper aus sind, kann eine kleine Heizmatte an dem Behälter installiert werden. 5 Watt reichen vollkommen aus. Zu guter Letzt muss der Behälter mit einen Handtuch abgedunkelt werden, da die Eier/Prälarven/Larven kein Licht mögen. Ab jetzt besteht die größte Aufgabe sich in Geduld zu üben. Der Behälter wird täglich oder jeden zweiten Tag kurz geöffnet, damit etwas Frischluft reinkommt. Alle zwei Wochen kann das Vermiculite erneut etwas angefeuchtet werden. Diese Vorgehensweise kann bis zum Ende des Larvenstadiums beibehalten werden. Während dieser Zeit benötigen die zukünftigen Vogelspinnen keine Nahrung.

Um weiter zu verfahren, muss man die einzelnen Stadien kennen, bis sich die Vogelspinnen ins erste Nymphenstadium häuten. Die einzelnen Entwicklungsstadien bei einen Großteil aller Vogelspinnen sieht wie folgt aus:

1. Stadium: Ei

2. Stadium: Prälarve

3. Stadium: Larve

4. Stadium: Nymphen

Vollständigkeitshalber soll erwähnt werden, dass wenige Arten der Gattung Poecilotheria noch ein 2. Larvenstadium vollziehen. Die Häutungsintervalle von einen Stadium zum nächsten ist von Vogelspinnenart zu Art unterschiedlich.

Die oben genannte Vorgehensweise wird so lange beibehalten, bis sich die Beine der Larven anfangen dunkel zu färben. Diese Verfärbung kündigt die bevorstehende Häutung an. Zu diesem Zeitpunkt muss erneut entschieden werden, wie man weiter verfahren möchte. Entweder man behält die Larven im Inkubator und lässt sie dort die Häutung ins erste Nymphenstadium vollziehen oder man separiert die Larven vor der Häutung bereits in ihre Aufzuchtbehälter und lässt sie sich dort ins erste Nymphenstadium häuten. Das vorzeitige Separieren kann auf diese Weise Kannibalismus vorbeugen. Bei vielen Arten ist der Beutetrieb innerhalb kürzester Zeit nach der Häutung aktiv. Geschwistertiere können sich aufgrund dessen teilweise stark selbst dezimieren. Deshalb sollte man vorher gründlich recherchieren, falls man sich dazu entschließt, die Spiderlinge über eine längere Zeit beisammen zu lassen oder in Gruppen aufzuziehen. Pauschal kann gesagt werden, dass bodenbewohnende Vogelspinnen früher zu Kannibalismus neigen als baumbewohnende Vogelspinnenarten.

 

Ich bin in den letzten Jahren mit der oben beschriebenen Methode der künstlichen Zeitigung sehr erfolgreich gewesen. Das Vermiculite und das Nylon verhindert Schimmelbildung und von außen können keine Fremdorganismen eindringen. Ein weiterer Vorteil dieser Methode ist, dass die Larven sich ihr Wohlfühlklima zum Teil selbst aussuchen können. Sobald die Larven mobil sind, klettern sie am Nylonstrumpf vom Ablagebehälter herum und suchen sich den Standort aus, der ihnen am meisten zusagt. Außerdem geht das Separieren der kleinen Vogelspinnen wesentlich leichter von der Hand, als alle Spiderlinge aus dem Terrarium des Muttertieres einzufangen.